Was ist los beim SC Borgfeld?
Spieler sagen ab, Trainer beklagt mangelnde Unterstützung, Vorstand beschwichtigt
Von Christian Markwort
Den Start in das neue Fußballjahr hatte sich der SC Borgfeld ganz anders vorgestellt. Die Mannschaft von Trainer Tom Pretzel hat nicht nur drei der letzten vier Spiele verloren, sondern trat beim jüngsten 2:6 beim TSV Wulsdorf gar nur zu zehnt an. Im Kampf um den Aufstieg ist der Bremer Landesligist auf den fünften Platz zurückgefallen. Eine Entwicklung, der Spieler, Trainerstab und Vereinsführung vermutlich frühzeitiger hätten entgegenwirken können.
Vor allem das Hinspiel gegen TuRa Bremen hatte eine handfeste Krise ausgelöst. Mehrfach hatte der Trainer darauf gedrungen, das Spiel zu verlegen, da ihm zu diesem Zeitpunkt 18 Spieler fehlten. "Die Sportliche Leitung hat sich nicht genügend für eine Verlegung eingesetzt", hatte Tom Pretzel damals beklagt, er fühle sich von der Vereinsführung im Stich gelassen, sagte er und forderte mehr Rückhalt.
Den habe Tom Pretzel stets erhalten, kontert Thomas Kaessler, Vorsitzender des Vereins. "Wir wissen, dass Tom ein sehr ehrgeiziger und akribisch arbeitender Trainer ist", führt Kaessler aus, "diesen Vorwurf können wir so aber nicht stehen lassen." Nachdem der Sportliche Leiter Heinrich Marschollek im Sommer angekündigt hatte, sich ausschließlich um den Nachwuchsbereich kümmern zu wollen, lag die Verantwortung für die erste Mannschaft in den Händen von Thomas Kaessler und dem zweiten Vorsitzenden Dirk-Jochen Beckmann. "Nun kann aber niemand von uns beiden erwarten, dass wir sofort alles geregelt bekommen", konstatiert Beckmann, gleichzeitig auch der Pressesprecher des Vereins. Zudem sei besonders Thomas Kaessler zeitlich an seine Grenzen gestoßen, nachdem er jüngst zum stellvertretenden Geschäftsführer des Landessportbundes Bremen (LSB) ernannt worden war. "Wir mussten uns erst einmal in die Arbeit eines Sportlichen Leiters einarbeiten", erklärt Kaessler, "leider haben sich dabei zeitlich einige Dinge überschnitten, sodass wir die Absage für das Tura-Spiel zwar rechtzeitig beantragt hatten, unserer Bitte seitens des Gegners, aber auch des Verbandes leider nicht entsprochen worden war."
So trat der SC Borgfeld im Februar also arg dezimiert bei Tura an und kassierte nicht nur eine empfindlich schmerzhafte 0:4-Niederlage, sondern läutete gleichzeitig eine Krise ein, von der sich das Team bislang noch nicht wieder erholt hat und die mittlerweile im gesamten Verein für Unruhe sorgt. "Jetzt dürfen wir nicht den Fehler machen und alles schlechtreden", versucht Thomas Kaessler, die Wogen wieder zu glätten. Noch sei der Aufstieg immer noch möglich, betont der Vereinsvorsitzende, "denn noch haben wir alles in unseren eigenen Händen".
Dafür müssen Kaessler, Beckmann, Pretzel und Marschollek zunächst allerdings ihre internen Querelen beilegen – und die Spieler samt Trainerstab wieder zu einer Einheit formen. Zwar versichern Kapitän Max Credo und Trainer Pretzel, "dass es zwischen Trainer und Mannschaft komplett stimmt" (Pretzel), und der Zusammenhalt "nach wie vor sehr gut" (Credo) sei, dennoch hat Heinrich Marschollek einige Missstände ausgemacht. "Besonders die jüngeren Spieler setzen ihre Prioritäten heutzutage anders, da gehen private Termine manchmal vor", erklärt er. Allerdings beurteilt er die Flut der jüngsten Absagen als "schon außergewöhnlich". Die 2:6-Niederlage in Wulsdorf mit nur zehn Mann sei "der absolute Tiefpunkt" gewesen.
Thomas Kaessler hat dafür allerdings eine Erklärung: "Uns fehlten mehrere Spieler aufgrund von Verletzungen", führt der Vereinsvorsitzende aus, "und gleichzeitig mussten einige Spieler aus privaten Gründen absagen, es kam vieles zusammen." Torjäger Christopher Taylor bestätigt derweil, dass am Zusammenhalt zwischen Team und Trainer keinerlei Zweifel bestünden. Nachdem Coach Pretzel vergangene Woche seinen Rücktritt zum Saisonende erklärt hatte, gleichzeitig aber auch versicherte, bis zum Ende "Vollgas" geben zu wollen, stößt der beste Borgfelder Torschütze ins selbe Horn: "Wir Spieler stehen bis zum Ende der Spielzeit voll hinter Tom", versichert Taylor und fügt an: "Im Sommer muss der Vorstand dann die offenen Fragen klären."
Insgesamt sei es kein Negativtrend, in dem sich der SC Borgfeld derzeit befinde, betont Vereinsvorsitzende Thomas Kaessler, "sondern wir hatten in den vergangenen Wochen einfach nur ein Problem in der internen Kommunikation". Daran werde in den kommenden Tagen intensiv gearbeitet, versichert er, der die Aussagen seines Trainers in den Medien "etwas unglücklich" fand. "Es wäre besser gewesen, wenn Tom zuerst mit uns, statt mit der Presse über seine Sorgen gesprochen hätte", sagt er, "dann hätte die ganze Angelegenheit vermutlich gar nicht erst so hohe Wellen geschlagen."
Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Weser-Kurier Seite: 5 Datum: 10.03.2023